Interessante Infos zum Thema "Notwehr"

Eine sehr lesenswerte und umfassend gute Darstellung der Problematik "Notwehr: Wenn das Opfer zum Täter wird" stammt von Rechtsanwalt Mark Pilz (3. Dan im Karate), der beruflich als selbständiger Rechtsanwalt tätig ist. Er rät im angegebenen Artikel:
"4.3 Verhalten nach abgewehrtem Angriff
Was ist zu tun, wenn sich der Verteidiger erfolgreich verteidigen konnte und dabei den Angreifer möglicherweise kampfunfähig machte? Soll man die Polizei rufen? Soll man sich vom Ort des Geschehens entfernen? Muss für medizinische Versorgung des Angreifers gesorgt werden oder kann man ihn seinem Schicksal überlassen? Meiner Auffassung nach sollte man sich in jedem Fall sofort vom „Tatort" entfernen. Dies dient im Hinblick auf zwei Aspekte der Eigensicherung.

Auf der einen Seite besteht immer die Möglichkeit, dass Bekannte des Angreifers auftauchen und dies zu weiteren Tätlichkeiten führt. Denkbar ist auch, dass sich der Angreifer aufrappelt und zu einem neuen Angriff ansetzt. ... In jedem Fall geht man weiteren Konflikten aus dem Weg. Als Beispiel ist eine Auseinandersetzung in einer Disko zu nennen, nach der eine beteiligte Partei vom Sicherheitsdienst rausgeschmissen wird. Oft wartet diese dann am Ausgang, bis der andere Beteiligte auftaucht; und der Konflikt geht weiter.

Wenn man sich schnell vom Tatort entfernt, dient dies auf der anderen Seite auch dazu, sich vor einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu schützen. Denn gegen wen soll ermittelt werden, wenn man sich unerkannt entfernt hat? Hier muss betont werden, dass dies durchaus rechtens ist, denn niemand ist verpflichtet, in einer solchen Situation die Polizei zu rufen, am Tatort zu verweilen und seine Beteiligung an der Auseinandersetzung zu offenbaren.

Genauso nachdrücklich ist jedoch auch herauszustellen, dass es bei Strafe verboten ist, einen verletzten und kampfunfähigen Angreifer hilflos zurückzulassen, wenn eine Hilfeleistung zumutbar ist (§ 323 c StGB - Unterlassene Hilfeleistung)! Dies soll an anderer Stelle vertieft werden. Festzuhalten ist, dass der Rettungsdienst informiert werden muss, wenn dies erforderlich ist; entweder, indem Zeugen gebeten werden, den Notarzt zu rufen und diese das auch tun oder indem man dies von einer Telefonzelle oder einem anderen Anschluss (Handy des Täters?) aus selbst erledigt. Das eigene Handy sollte nicht benutzt werden, denn auch trotz unterdrückter Rufnummeranzeige kann die Polizei über den Mobilfunkprovider den Inhaber ermitteln."

In einem weiteren Text zum Thema "Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten" rät Herr RA Pilz:
"Dies ist sozusagen die "Erste-Hilfe" in Strafsachen: Wenn Sie als Beschuldigter von der Polizei oder Staatsanwaltschaft vernommen werden, sollten Sie keinerlei Aussage zur Sache machen, auch wenn Sie sich für unschuldig halten. Sie müssen wissen, dass jede Ihrer Aussagen gegen Sie verwendet werden kann. Ihre Aussageverweigerung als Beschuldigter darf jedoch nicht negativ gegen Sie verwendet werden.

Aber Vorsicht: Das gilt nur, wenn Sie gar nichts aussagen. Denn wenn Sie sich zu einem Teil des Vorwurfs äußern, zu einem anderen aber nicht, kann dieses sogenannte teilweise Schweigen sehr wohl gegen Sie verwendet werden! Es ist in jedem Fall ratsam, sich vor irgendeiner Einlassung zur Sache im Wege der Akteneinsicht durch einen Verteidiger Kenntnis des Ermittlungsstandes zu verschaffen. Nur so erfahren Sie, was die Ermittlungsbehörde weiß und wie weit die Ermittlungen gegen Sie gediehen sind. Danach kann dann in Ruhe überlegt werden, ob und in welcher Form eine Stellungnahme zum Vorwurf abgegeben wird."

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Gesetzliche Bestimmungen in Deutschland

Welche gesetzlichen Bestimmungen sollten Sie unbedingt als Schüler in der Selbstveteidigung kennen und beachten?

Es sind drei Paragraphen, die für uns hier wichtig sind. Diese sind in den §§ 32 und 33 StGB und § 227 BGB enthalten.

Sie enthalten folgenden Wortlaut:

StGB
§ 32 Notwehr
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwqehr geoten ist, handelt nicht rechtwwidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

StGB
§ 33 Überschreitung der Notwehr
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

BGB
§ 227 Notwehr
(1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.

(2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.


Viele "Kampfsportexperten" kennen die Rechtslage nicht:
Darunter sei zu verstehen, dass man bei einer Verteidigungshandlung die Verhältnismäßigkeit der Mittel beachten müsse. Das ist falsch!

Die Verteidigungshandlung müsse der Schwere des Angriffs angemessen sein. Das ist falsch!

Wenn man die Verhältnismäßigkeit der mir für die Verteidigung zur Verfügung stehenden Mittel (!) im Ernstfall nicht beachtet, begeht man einen sogenannten „Notwehrexzess“, der in der Regel strafbar ist. Das ist richtig!

Es erfolgt nur dann keine Bestrafung, wenn nachgewiesen wird, dass man in Verwirrung, Schrecken oder Furcht die Notwehr überschritten hat. Das ist richtig!
Doch es ist eine Beweislastumkehr gegeben. Also wir müssen beweisen, dass wir aus psychischen Gründen die Grenzen der Notwehr überschritten haben. Das ist richtig!

Deshalb hier nochmals zum genauen Lesen:
Die Verhältnismäßigkeit bezieht sich eben nicht auf die Schwere des Angriffs sondern nur auf die mir zur Verfügung stehenden Mittel.

Deshalb sollten Sie bei der Notwehr auf folgendes achten:
- Sie sollen immer die am wenigsten schädigenden Mittel wählen
- Die Notwehr muss immer im Moment des Angriffs, also gegenwärtig erfolgen
- Sie müssen sich dabei aber nicht selbst in Gefahr bringen (Selbstschutz)
- Sie sollten immer das Mittel wählen, wenn ihnen mehrere Mittel zur Verfügung stehen, von dem sie glauben, dass der Täter danach nicht mehr weiter angreifen wird

Sie dürfen die Notwehr auch einsetzen, um einem anderen zu helfen.


Putativnotwehr

Putativnotwehr (lat.: putare = glauben) ist die Verteidigung gegen einen in Wirklichkeit gar nicht bestehenden, vom Handelnden aber irrtümlich angenommenen, gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff. Da objektiv keine Notwehrlage gegeben ist, besteht auch kein Notwehrrecht.
Putativnotwehr ist insbesondere gegeben, wenn der Täter von einem vermeintlichen gegenwärtigen Angriff auf sich ausgeht.
Beispiel: Ein Jäger denkt, dass eine Person mit einem Gewehr auf ihn zielen würde. In vermeintlicher Notwehr schießt er auf den von ihm gewähnten Angreifer und verletzt ihn schwer. Er erfüllt somit den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 StGB. Es stellt sich jedoch heraus, dass der von ihm gewähnte Angreifer lediglich mit einem Stock auf den Jäger gezeigt hatte. Eine Rechtfertigung der Tat durch Notwehr (§ 32 StGB) scheidet daher mangels Angriffs auf den Jäger aus. Der abwehrende Jäger konnte dies jedoch im Moment des Erwehrens nicht erkennen und handelte im Glauben einer nicht anders abwendbaren Gefahr auf sein Leben.

Die Putativnotwehr stellt einen Unterfall des Erlaubnistatbestandsirrtums dar, dessen Behandlung in der Strafrechtslehre sehr strittig ist.

Irrt der Täter hingegen über die rechtlichen Grenzen der Notwehr, also über seine Notwehrhandlung, so liegt bei ihm ein Erlaubnisirrtum vor. Verteidigt der Täter sich in einer Putativnotwehrlage aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken mehr als erlaubt, so spricht man von einem Putativnotwehrexzess.

Wir legen größten Wert darauf die gesetzlichen Bestimmungen stets einzuhalten und lernen auch die entsprechenden Bestimmungen im Training.

Es ist auch nicht erforderlich zu warten bis der Angreifer auf mich einschlägt oder einsticht, ich darf auch selbst attackieren, sobald die Bedrohung (ist mit dem Angriff gleichzusetzen) vorhanden ist. Dies ist z.B. schon der Fall, wenn jemand zu mir sagt "ich bring dich um" oder "ich stech dich ab". Er hat damit mit einem lebensbedrohlichen Angriff gedroht und wir dürfen uns nun dieser Bedrohung "angemessen" erwehren. Dies ist vielen Menschen und auch Kampfsportlern oder Kampfkünstlern nicht bekannt.